Lipödem an Armen und Beinen

Sie ernähren sich bewusst und moderat, bewegen sich regelmäßig und leiden trotzdem unter schmerzhaften, unverhältnismäßig dicken Gliedmaßen? Das könnte auf ein Lipödem hindeuten. Die Fettverteilungsstörung erfordert spezielle Therapieansätze, um die Symptome – insbesondere Schmerzen – zu lindern.

Bloggerin Caro Sprott mit Lipödem an Armen und Beinen

Schnell zum Gesuchten:

Was ist ein Lipödem?

Das Leitsymptom des Lipödems ist immer der Schmerz: Druck- und Berührungsschmerz, Spontanschmerz und Schweregefühl sind Symptome im Sinne eines Lipödems. Laut der aktuellen Leitlinie handelt es sich um eine disproportionale symmetrische Fettverteilungsstörung, die nur die Extremitäten betrifft – und zwar gleichmäßig beide Beine und / oder Arme, wobei das Lipödem an den oberen Extremitäten seltener auftritt. Beide Hüften, beide Oberschenkel beziehungsweise die beiden Unterschenkel können betroffen sein ebenso wie beide Ober- und Unterarme. Die Füße und Hände sind davon unbeeinträchtigt.

Das Lipödem ist nicht heilbar, aber die Symptome können dank konsequenter therapeutischer Maßnahmen gelindert werden. Dabei ist eine verantwortungsvolle Beteiligung an der Therapie (Selbstmanagement) durch die Patient:innen essenziell.

Ursachen des Lipödems und Risikofaktoren: Warum kommt es zu unverhältnismäßig dicken und schmerzhaften Beinen?

Von einem Lipödem sind fast ausschließlich Frauen und Mädchen betroffen. Bei Männern ist ein Lipödem hingegen extrem selten. Oft wird der Zeitpunkt hormoneller Veränderungen mit dem Beginn eines Lipödems assoziiert.

Lipödeme zeigen und verstärken sich häufig

  • während der Pubertät,
  • nach der Schwangerschaft oder
  • in den Wechseljahren.

Außerdem könnte die Neigung zu Lipödemen vererbbar sein, da eine familiäre Häufung beobachtet wird. Insgesamt sind die Ursachen und körperlichen Zusammenhänge, die zur Entstehung eines Lipödems führen, bisher nicht ausreichend erforscht. Zu dieser Krankheit gibt es nur wenig aussagekräftige Daten, weshalb weitere Forschung und Studien nötig sind.

Kann man einem Lipödem vorbeugen?

Es ist nicht möglich, einem Lipödem vorzubeugen, aber: Bestimmte Maßnahmen können dazu beitragen, das Lipödem „in Schach“ zu halten und die Symptome zu lindern. Lassen Sie sich ärztlich untersuchen, wenn bei Ihnen Anzeichen eines Lipödems auftreten. Die frühzeitige Diagnose und eine konsequente Behandlung sind wichtig, um die Auswirkungen des Lipödems gering zu halten und die Symptome zu kontrollieren.

Symptome des Lipödems: Übergewicht oder Fettverteilungsstörung?

Die Symptome eines Lipödems können von Person zu Person stark variieren.

Typische Anzeichen sind:

  • Schmerzen, beispielsweise Druck-, Berührungs- oder Spontanschmerz an Beinen und / oder Armen (zentrales Symptom)
  • Schweregefühl in den betroffenen Regionen
  • Symmetrische, relativ „unerklärliche“ Volumenzunahme an beiden Beinen und / oder Armen
  • Ungleiche Proportionen von Rumpf zu Beinen und / oder Armen: eher schlanker Oberkörper mit unverhältnismäßig dickeren Beinen und / oder Armen (oftmals mehrere Kleidungsgrößen Unterschied)
  • „Säulenartige" Veränderungen und Deformierungen der Beine und / oder Arme
  • Wammenbildung, vor allem an den Oberschenkelinnenseiten und / oder Oberarminnenseiten

Wichtig: Das äußerliche Bild des Lipödems lässt keine Rückschlüsse auf die subjektive Symptomatik zu. Patient:innen können aber durch Eigenengagement und Therapietreue (Adhärenz) die Ausprägung der Symptome beeinflussen.

Habe ich ein Lipödem? Dieser Test kann erste Hinweise liefern

Sie nehmen bei sich selbst Symptome wahr und haben den Verdacht, an einem Lipödem erkrankt zu sein? Machen Sie den Test. Bitte beachten Sie: Ein Selbsttest kann die ärztliche Diagnose nicht ersetzen, aber erste Hinweise liefern. Nur ein:e Ärzt:in kann die Diagnose „Lipödem“ stellen.

S2k-Leitlinie: Schmerz als Leitsymptom – Stadieneinteilung entfällt

Das Lipödem ist eine schmerzhafte Fettverteilungsstörung. Dies bedeutet: Eine disproportionale Fettgewebsvermehrung an Beinen und / oder Armen ohne entsprechende Schmerzsymptome wie Druck-, Berührungs-, Spontanschmerz und Schweregefühl wird nicht unter der Diagnose Lipödem geführt – dies wird als Lipohypertrophie bezeichnet und unterliegt nicht der S2k-Leitlinie.

Zudem wird die bisher gebräuchliche Stadieneinteilung der Morphologie nicht mehr als Maß für die Ausprägung der Erkrankung verwendet.

Außerdem wird das Lipödem in der aktuellen S2k-Leitlinie nicht als prinzipiell progrediente Erkrankung aufgefasst, da die Progredienz von verschiedenen Faktoren wie dem Selbstmanagement abhängig ist. Somit schreitet die Fettverteilungsstörung nicht zwangsläufig voran beziehungsweise verschlechtert sich automatisch.

Lipödem-Bilder: So kann die Fettverteilungsstörung aussehen

Meist tritt die Fettverteilungsstörung an den Beinen auf. Je nach Patient:in können nur die Ober- oder Unterschenkel betroffen sein oder die Fetteinlagerungen dehnen sich von der Hüfte über die Oberschenkel bis zu den Knöcheln aus – die Füße sind ausgespart und weisen keine Lipödem-Symptome auf.

Machen Sie sich ein Bild davon, wie unterschiedlich stark die Ausprägung eines Lipödems bei Betroffenen aussehen kann:

Sind Reiterhosen ein Lipödem?

Als Reiterhosen werden landläufig die Fettpolster an Gesäß, Hüften und den Knie-Innenseiten bezeichnet. Sind die Fettpolster schmerzhaft und widerstehen jeder Diät sowie regelmäßiger sportlicher Betätigung, können die Reiterhosen ein Hinweis auf ein Lipödem sein. Jedoch kann ein Lipödem auch ohne ausgeprägte Fettpolster im Hüft- und Gesäßbereich vorliegen, wenn entsprechende Schmerzsymptome vorhanden sind.

Hinweis: Nicht jede Reiterhosenbildung ist krankhaft und weist auf ein Lipödem hin. Lassen Sie sich ärztlich untersuchen und beraten, falls Sie Anzeichen für ein Lipödem haben oder wenn Sie erwägen, Ihre Reiterhosen durch einen ästhetisch-chirurgischen Eingriff (Liposuktion – siehe unten) entfernen zu lassen.

Unterschiede zwischen Lipödem und Lymphödem

Das Lipödem unterscheidet sich von einem Lymphödem, einer Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe aufgrund einer Abflussstörung im Lymphgefäßsystem. Mithilfe dieser drei Hauptmerkmale lassen sich Lipödem und Lymphödem klar unterscheiden:

Lipödem an beiden Beinen

Lipödem

  • Lipödeme sind schmerzempfindlich gegen Druck und Berührung.
  • Lipödeme treten stets symmetrisch auf, das heißt beispielsweise beide Beine und / oder Arme sind betroffen.
  • Hand- und Fußrücken sind nicht betroffen.
Lymphödem einseitig an einem Bein

Lymphödem

  • Das Lymphödem verursacht in der Regel keine Schmerzen.
  • Das Lymphödem tritt meist einseitig oder unsymmetrisch auf.
  • Hand- und Fußrücken sind betroffen.

Lipödem mit begleitender Adipositas

Diese Mischform weist die Symptome eines Lipödems auf plus eine generalisierte Fettvermehrung am ganzen Körper.

Hinweis: Das Lipödem darf nicht mit Adipositas verwechselt werden. Im Gegensatz zu Adipositas, einer generalisierten Fettgewebsvermehrung des gesamten Körpers, führen bei einem Lipödem Diäten oder vermehrte Bewegung nicht zur ausreichenden Reduktion des krankhaften Fettgewebes. Im Vordergrund des Lipödems steht zudem immer der Schmerz in Form von Druck-, Berührungs-, Spontanschmerz und Schweregefühl.

Behandlung von Lipödem: Diagnose und Therapie

Bis ein Lipödem eindeutig diagnostiziert ist, haben viele Betroffene meist eine längere Leidensgeschichte hinter sich, die oft mit starken psychischen Belastungen einhergeht. Die leitliniengerechte Therapie kann viel zur Linderung der Symptome beitragen. Betroffene suchen meist erst dann ärztlichen Rat, wenn Sport und Diäten keine Erfolge bringen und die psychische Belastung zu groß wird.

Die wichtigsten Instrumente bei der Diagnostik eines Lipödems sind das Anamnese-Gespräch und eine anschließende körperliche Untersuchung der Patient:innen. Dabei erkundigen sich die behandelnden Ärzt:innen nach krankheitstypischen Beschwerden wie Schmerzen oder Schweregefühl, tasten Patient:innen manuell ab und achten darauf, ob das Fettgewebe symmetrisch an Beinen und / oder Armen vermehrt auftritt.

Eine Laboruntersuchung oder bildgebende Verfahren, mit denen die Erkrankung zweifelsfrei festgestellt werden kann, existieren bis dato nicht.

Primäres Ziel der Therapie beim Lipödem ist die Schmerzreduktion und andere subjektive Symptome, um den Alltag von Betroffenen zu erleichtern. 

Wie wird ein Lipödem behandelt? Medizinische Kompression, Sport und Bewegung, Lymphdrainage und mehr

Medizinische Kompression

Basistherapie zur Reduktion von Schmerz und anderen subjektiven Symptomen (nicht zur Reduktion des Fettgewebes) ist im Rahmen der Kompressionstherapie das tägliche Tragen medizinischer Kompressionsstrümpfe (MKS). Dies kann helfen, Schmerzen zu reduzieren und Beschwerden zu lindern. Je nach Ausprägung des Lipödems kommen in der Regel flachgestrickte MKS zum Einsatz. Medizinische Kompressionsstrümpfe werden in der Regel ärztlich verordnet und sind als medizinische Hilfsmittel – im Gegensatz zu Stützstrümpfen – im medizinischen Fachhandel erhältlich.

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Hautpflege

Darüber hinaus ist beim Tragen von medizinischer Kompression die richtige Hautpflege enorm wichtig. Die Haut sollte stets mit pH-neutralen Pflegemitteln gereinigt und gecremt werden. Dadurch erhöht sich die Elastizität der Haut, Reizungen werden gemindert und die Haut ist gepflegter sowie weicher – dies erleichtert auch das Anziehen und Tragen der medizinischen Kompressionsversorgung. 

Wichtig: Die Hygieneprodukte sollten speziell auf medizinische Kompressionsstrümpfe abgestimmt sein. 

Sport und Bewegung

Grundsätzlich ist Bewegung in medizinischer Kompression ein wichtiges Element zur Schmerzreduktion und sollte unbedingt Teil des therapeutischen Gesamtkonzeptes sein.

Regelmäßige körperliche Aktivität kann die Durchblutung verbessern, die Muskulatur stärken und helfen, das Körpergewicht zu kontrollieren.  

Psychotherapie

Die psychosoziale Unterstützung spielt ebenfalls eine zentrale Rolle bei der ganzheitlichen Betreuung von Lipödem-Betroffenen und trägt zur Bewältigung der Erkrankung bei. Denn psychische Störungen können die Symptome und Lebensqualität von Lipödem-Betroffenen nachhaltig beeinflussen und sollten bei der Diagnostik und Therapie des Lipödems beachtet werden. Hierzu zählen beispielsweise Essstörungen, Depressionen, posttraumatische Symptome nach Gewalt und Missbrauch.  

Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung wie die ketogene oder mediterrane Ernährung kann dazu beitragen, das Körpergewicht im normalen Bereich zu halten, die allgemeine Gesundheit zu fördern und Schmerzen sowie Beschwerden zu reduzieren.

Wichtig: Von radikalen Diäten ist stark abzuraten, da sie keine nachhaltigen Erfolge erzielen – stattdessen ist eine dauerhafte, gesunde Ernährungsumstellung der einzig sinnvolle Weg für Lipödem-Betroffene.  

Infografik mit Ernährungstipps herunterladen

Manuelle Lymphdrainage

Falls die medizinische Kompression in Einzelfällen nicht anwendbar ist oder in Kombination mit anderen Therapietechniken wie Bewegung und Ernährung nicht zu einer Schmerzreduktion führt, kann das Leitsymptom Schmerz mittels zusätzlicher manueller Lymphdrainage behandelt werden. 

Liposuktion bei Lipödem: Operative Fettabsaugung

Bringt die konservative Therapie keine Besserung des Lipödems, kann als operative Methode eine Liposuktion (Fettabsaugung) an Beinen und / oder Armen in Erwägung gezogen werden. Die Fettabsaugung bei Lipödem führt nicht zur Heilung, jedoch können dadurch Schmerzen dauerhaft gelindert und die Lebensqualität von Betroffenen verbessert werden. 

Bei additiven Ödemen und nach Liposuktion soll die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) durchgeführt werden. Das Ziel der Behandlung ist es, Flüssigkeitsansammlungen bei Ödemen zu reduzieren und Gewebeverhärtungen zu lockern. Die fünf Säulen der KPE: manuelle Lymphdrainage (MLD), medizinische Kompressionstherapie, Sport und Bewegung, Hautpflege sowie Aufklärung und Schulung zur individuellen Selbsttherapie (Selbstmanagement). Die KPE untergliedert sich in eine Entstauungsphase und eine darauffolgende Erhaltungsphase. 

Welche:r Ärzt:in bei Lipödem? 

Sie haben die Vermutung, unter einem Lipödem zu leiden? Besprechen Sie Ihre Beobachtungen bitte unbedingt zunächst mit Ihrem:r Hausärzt:in. Gegebenenfalls werden Sie an ein:e Fachärzt:in überwiesen, zum Beispiel eine:n Phlebolog:in (Venenärzt:in), Gefäßspezialist:in oder Lympholog:in

Weiter zur unabhängigen Arztsuche

medi Tipps: Blog für Lipödem-Patient:innen und Selbsthilfegruppen

Caroline Sprott, selbst Lipödem-Patientin, trägt in ihrem Blog unter www.lipoedemmode.de viele hilfreiche Informationen zusammen, beispielsweise zum Thema Selbstliebe und wie medizinische Kompression stylisch in die bestehende Garderobe integriert werden kann. 

Schauen Sie sich auch nach örtlichen Selbsthilfegruppen und auf Social Media (zum Beispiel Facebook) nach Gruppen oder Blogs anderer Patient:innen um. 

Bei Lipödem: Medizinische Kompressionsstrümpfe von medi

Medizinische Kompressionsstrümpfe von medi können Sie bei der Lipödemtherapie unterstützen, beispielsweise die flachgestrickten medizinischen Kompressionsstrümpfe mediven cosy inklusive innovativer seitlicher Naht als Alternative zur hinteren Naht, mediven 550 oder mediven mondi

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Der Arzt stellt die Diagnose und entscheidet über die Therapie. Bei Notwendigkeit kann er medizinische Kompressionsstrümpfe verordnen. Im medizinischen Fachhandel wird der Patient von geschultem Personal vermessen. Der Patient erhält anschließend medizinische Kompressionsstrümpfe für seine individuellen Bedürfnisse.

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