Offenes Bein (Ulcus cruris)

Wenn Wunden nicht heilen

Arzt behandelt Patientin mit ulcus cruris

Was ist ein offenes Bein (Ulcus cruris)?

Als offenes Bein werden schlecht oder nicht heilende und oft nässende Wunden am Unterschenkel bezeichnet. Der Fachbegriff Ulcus cruris leitet sich aus dem lateinischen ulcus (= Geschwür) und cruris (= Unterschenkel) ab. Das offene Bein kann unterschiedliche Ursachen haben. 2012 litten 210.000 Menschen in Deutschland an einem stark entwickelten, einem sogenannten floriden, Ulcus cruris.1

Ursachen: Wie entsteht ein offenes Bein?

Einem Ulcus cruris können unterschiedliche Erkrankungen zugrunde liegen. Fast immer sind Durchblutungsstörungen, beispielsweise in Verbindung mit Diabetes mellitus und Rauchen, ursächlich bei offenen Beinen. Diagnose und Ursache sind für die weitere Therapie entscheidend. Je nach Art der Durchblutungsstörung unterscheiden Mediziner verschiedene Formen von Ulcera (Geschwüren):

  • Ulcus cruris venosum: schwerste Form der chronisch-venösen Insuffizienz (C6 nach CEAP, siehe unten)
  • Ulcus cruris arteriosum: durch Arteriosklerose / Arterienverkalkung (pAVK: periphere arterielle Verschlusskrankheit) 
  • Ulcus cruris mixtum mit venösen und arteriellen Ursachen
  • Sonstige Ulcera cruris aufgrund anderer Ursachen

Häufigste Form: Ulcus cruris venosum (offenes Bein in Folge einer Venenerkrankung)

50-70 Prozent aller Unterschenkelgeschwüre gelten als venös bedingt. Nur etwa 10-30 Prozent sind auf arterielle Durchblutungsstörungen zurückzuführen.1,2

Die häufigste Form von Geschwüren am Unterschenkel ist also das sogenannte Ulcus cruris venosum als schwerste Form der chronisch-venösen Insuffizienz. Was mit schweren, müden Beinen beginnt, kann unbehandelt zu einem Ulcus cruris führen.

Ulcus cruris venosum: Symptome und Anzeichen

Im Anfangsstadium einer venösen Erkrankung werden bräunliche Verfärbungen der Haut am Unterschenkel sichtbar, später wird die Haut dünner und Wunden heilen schlecht. Die Schweregrade der chronischen Venenerkrankungen werden nach CEAP klassifiziert:

  • C = Clinic (klinische Befunde)
  • E = Etiology (Ätiologie: Ursachen / Auslöser der Erkrankung)
  • A = Anatomy (anatomische Lokalisation)
  • P = Pathophysiology (pathologische Fehlfunktion)

CEAP Stadien

StadiumVeränderungen
C0Keine sichtbaren Zeichen einer Venenerkrankung
C1Teleangiektasien (Besenreiser)
C2Varikose (= Krampfaderleiden) ohne klinische Zeichen einer chronisch-venösen Insuffizienz (= andauernde Venenschwäche)
C3Varikose (= Krampfaderleiden) mit Ödem (= Schwellung)
C4Varikose (= Krampfaderleiden) mit trophischen Hautveränderungen, unterteilt in:
C4aPigmentierung (= Hautverfärbungen) oder Ekzem (= Juckflechte, entzündliche Hautreaktion)
C4bLipodermatosklerose (= Verhärtung im Unterhautfettgewebe) oder Atrophie blanche (= kleine weiße Narbenherde)
C5Varikose (= Krampfaderleiden) mit abgeheiltem Ulcus cruris venosum (= „offenes Bein“, venös bedingtes Unterschenkelgeschwür)
C6Varikose mit floridem Ulcus cruris venosum (= „offenes Bein“, venös bedingtes Unterschenkelgeschwür)

Eine chronische Venenerkrankung macht sich durch schwere, müde und juckende Beine sowie Schwellungen im Fuß und Unterschenkel bemerkbar. Mit Fortschreiten der Erkrankung werden erweiterte, oberflächliche Venen unter der Haut knotenförmig ausgesackt und geschlängelt sichtbar. Mediziner sprechen dann von einem Krampfaderleiden beziehungsweise von einer Varikose. Das venöse Blut wird nicht mehr zielgerichtet zum Herzen transportiert. Dies kann dazu führen, dass sich Ödeme, also sicht- und tastbare Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe bilden.

Hautveränderungen als Anzeichen für einen beginnenden Ulcus cruris venosum

Ein weiterer sichtbarer Hinweis auf eine fortgeschrittene Venenerkrankung sind typische Hautveränderungen. Die Haut weist eine stärkere Pigmentierung in Form von braunen Flecken auf. Auch weiße atrophische Narbenherde und Verhärtungen des Unterhautgewebes können entstehen.

In diesem Stadium liegt eine ausgeprägte Venenschwäche (medizinisch: chronisch-venöse Insuffizienz) vor.

Durch den eingeschränkten Abtransport staut sich das venöse Blut zurück bis in die Kapillaren: Die kleinsten Blutgefäße, die die Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen, sind aber auch für den Abtransport von Abbauprodukten des Stoffwechsels verantwortlich. Die Kapillaren von Patienten, die an einer chronisch-venösen Insuffizienz leiden, können diese Aufgabe nicht mehr ausreichend erfüllen.

Kleinste Verletzungen werden zu schlecht (oder nicht) heilenden Wunden

Die Haut verliert an Elastizität und Widerstandsfähigkeit. Sie wird dünn. Eine minimale Verletzung, wie beispielsweise ein Mückenstich oder ein kleiner Riss in der Hautoberfläche bei der Gartenarbeit, kann bei diesen Patienten zu schlecht heilenden und sehr schmerzhaften Wunden führen.

Wegen der Schmerzen bewegen sich die Patienten oft weniger. Damit ist der Pumpmechanismus der Muskulatur ausgeschaltet, der das Venensystem dabei unterstützt, das Blut in Richtung Herzen zu befördern. Ein Teufelskreis entsteht. Bakterielle Infektionen in und an der Wunde verursachen unangenehme Gerüche. Häufig trauen sich die Betroffenen dadurch nicht mehr unter Menschen.

Risikofaktoren für die Entstehung eines offenen Beins

Das Ulcus cruris venosum tritt mit zunehmendem Lebensalter häufiger auf: Ab dem 80. Lebensjahr steigt die Häufigkeit auf etwa ein bis über drei Prozent an.3  Ältere Menschen sitzen viel, die Wadenmuskelpumpe kommt wenig zum Einsatz und das Blut versackt in den Beinen. Zu 70 Prozent sind hiervon Frauen betroffen.2 Diabetes und Rauchen begünstigen die Entstehung des offenen Beins.

Erbliche Vorbelastung: Venenerkrankungen sind teils erblich bedingt. Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Mitglieder der Familie ähnliche Symptome aufweisen, ist durchaus gegeben. Achten Sie deshalb darauf.

Ulcus cruris venosum vorbeugen: Tipps und Möglichkeiten

Ein Venenleiden, das mit schweren, müden Beinen beginnt, kann also unbehandelt zu einem Unterschenkelgeschwür führen. Die beste Vorbeugung ist deshalb, die Anzeichen von krankhaft veränderten Venen in den Beinen sehr ernst zu nehmen und zeitnah einen Arzt aufzusuchen, der dann die entsprechende Therapie einleitet. Venöse Störungen verursachen oft über viele Jahre hinweg wenig Leidensdruck. Deshalb ignorieren viele Patienten die ersten deutlichen Anzeichen wie beispielsweise die sogenannten Warnvenen im Bereich des Knöchels und später auch die Hautveränderungen in Form von Verfärbungen. Deshalb gehen viele Patienten erst zum Arzt, wenn sich bereits ein offenes Bein gebildet hat.

Offene Beine behandeln: Therapie des Ulcus cruris venosum

Therapie des Ulcus cruris venosum

Bei der Behandlung des Ulcus cruris venosum gilt es, die Grunderkrankung, also die chronisch venöse Insuffizienz, zu therapieren. Ziel der Behandlung ist es, den gestörten Blutrückfluss zu verbessern. Der Arzt entscheidet, welche therapeutischen Maßnahmen für den jeweiligen Patienten angebracht sind. Möglich sind zum Beispiel Wundreinigung, Wundbehandlung mit Medikamenten und Salben, Kompressionstherapie mit medizinischen adaptiven, also anpassbaren Kompressionssystemen (MAK) zur Entstauung bei begleitenden Ödemen oder medizinischen Kompressionsstrümpfen (MKS) sowie Venenoperationen.

Das medi Therapiekonzept zur Behandlung offener Wunden basiert auf den deutschen Leitlinien zur Behandlung des Ulcus cruris venosum3 sowie zur „Medizinischen Kompressionstherapie“4: Effektive Produkte sind auf die einzelnen Phasen der Therapie abgestimmt. Siehe weiter unten.

Für den Arzt: Wundreinigung, Therapie der Grunderkrankung, Rezidivprophylaxe

Hier finden Sie alle Infos zur leitliniengerechten Versorgung3,4 des Ulcus cruris venosum auf Basis der Kompressionstherapie: Kompression unterstützt den venösen Blutrückfluss, mindert die Druck- und Volumenüberlastung im Beinvenensystem und lindert Schmerzen.5,6

Dauer der Abheilung: Viele Faktoren sind entscheidend

Erfolgt die Behandlung gemäß den Therapieleitlinien, sind die Abheilungsaussichten für ein offenes Bein gut. Die Dauer der Abheilung hängt neben einer leitliniengerechten Therapie von unterschiedlichen Faktoren ab, beispielsweise vom Alter des Patienten, möglichen Begleiterkrankungen sowie von der Lokalisation und Größe der Wunde.

Doch: Obwohl die leitliniengerechte Versorgung3,4 die Kompressionsbehandlung vorsieht, tragen 84 Prozent der Betroffenen während der floriden Wundphase keine Kompression. Trotz der belegten Wirksamkeit besteht bis heute also eine Unter- oder auch Fehlversorgung des Ulcus cruris venosum mit Blick auf eine leitliniengerechte medizinische Kompression.1

Nach dem Abheilen des Ulcus cruris venosum sollten weiterhin regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch den Arzt und Maßnahmen erfolgen, damit das offene Bein nicht wiederkommt. Dazu zählt die Therapie mit medizinischen Kompressionsstrümpfen.

Welcher Arzt behandelt ein offenes Bein?

Jeder Patient mit einem offenen Bein sollte sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben. Erster Ansprechpartner: der Hausarzt. Er wird Ihnen sagen, wo Sie den Spezialisten für offene Beine finden, der Sie durch die Therapie begleitet:

    • Fachärzte wie Phlebologen (Venenspezialisten), Angiologen (Gefäßärzte), Dermatologen (Hautärzte), Diabetologen (Fachärzte, die sich mit der Behandlung der Blutzuckerkrankheit beschäftigen), sind die richtige Adresse für Patienten mit einem offenen Bein. Sie arbeiten als niedergelassene Ärzte, in Krankenhäusern und in Spezialkliniken.
    • Zertifizierte Wundberater oder Wundmanager sind examinierte Pflegekräfte mit einer Zusatzausbildung. Sie kooperieren eng mit Ärzten und ambulanten Pflegediensten. Therapiehoheit hat allerdings immer der Arzt. Deshalb darf ein Wundberater nur mit seinem Einverständnis mit eingebunden werden.
    • Ambulante Pflegedienste sind häufig der verlängerte Arm des Hausarztes bei der Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden. Manche Hausärzte haben Team-Mitglieder zusätzlich in der Wundversorgung ausbilden lassen.
    • Regionale Wundzentren- oder Ambulanzen in Krankenhäusern und Ambulanzen beschäftigen Expertenteams, die Patienten mit chronischen Wunden engagiert und mit großer Erfahrung behandeln. Deutschlandweit gebt es circa 40 Wundnetze. Dort haben Ärzte, Krankenhäuser, Pflegedienste und Homecare-Unternehmen ein interdisziplinäres Angebot für Patienten mit chronischen Wunden eingerichtet. 
Arztsuche

Zur Arztsuche

Produkte von medi zur Behandlung eines offenen Beins

Effektive Produkte, abgestimmt auf die einzelnen Phasen der Therapie:

Phase 1 - Entstauung

Initiale Reduktion des Beinödems
Das adaptive Kompressionssystem circaid juxtalite ist eine Alternative zur herkömmlichen Wickelbandagierung in der Entstauungstherapie.

  • circaid juxtalite kann nach vorheriger Einweisung durch Fachpersonal einfach an- und abgelegt werden.
  • Dank der ineinandergreifenden Klettbänder ist die Anlage weniger fehleranfällig als Kompressionsbandagierungen..4
  • Die einzelnen Bänder sorgen für einen optimalen Sitz und können jederzeit nachjustiert werden – dies verhindert einen Druckverlust der Versorgung und die Ödemrückbildung wird wirksam gefördert.4
  • Kontrollierbarer Kompressionsdruck dank des integrierten Built-In-Pressure Systems – der erforderliche Kompressionsdruck kann nachweisbar eingestellt und jederzeit nachjustiert werden.

     

Phase 2 - Therapie der Grunderkrankung

Damit das offene Bein heilen kann
Nach erfolgter Entstauung des Beins, in der zweiten Phase der Therapie, sollte die zugrundeliegende Erkrankung weiterhin mit Kompression therapiert werden.

  • Ist das Ödem komplett entstaut, kann auf das Ulkus-Strumpfsystem mediven ulcer kit umgestellt werden. Das Ulkus-Strumpfsystem besteht aus einem Unterziehstrumpf mit 20 mmHg für eine 24-stündige Kompressionstherapie und einem optisch dezenten, rundgestrickten Kompressionsstrumpf mit ebenfalls 20 mmHg zur Verstärkung der Kompression während des Tages.
  • Mit circaid juxtalite bietet medi ein – auch mit motorischen Einschränkungen – einfach anzulegendes medizinisches Kompressionssystem, welches bis zum Wundverschluss getragen werden kann..

     

     

Phase 3 - Prophylaxe

Damit das offene Bein nicht wiederkommt 
Bei einem Ulcus cruris venosum besteht, auch nach Wundverschluss, weiterhin die Grunderkrankung, die chronisch-venöse Insuffizienz. Um den Therapieerfolg langfristig zu halten, sollte die Therapie auch nach der Wundheilung mit medizinischen Kompressionsstrümpfen fortgesetzt werden.

Für die Zeit nach der Wundheilung stehen den Patienten mediven Kompressionsstrümpfen in einer großen Auswahl an Farben und Varianten zur Verfügung. Bei Patienten mit einer zusätzlichen Störung des Lymphgefäßsystems und folglich einer Lymphödemneigung sind flachgestrickte Kompressionsstrümpfe (beispielsweise mediven mondi) die optimale Wahl.

Liegt eine venös bedingte Schwellungsneigung, eine sogenannte Phlebödemneigung vor, kommen rundgestrickte Kompressionsstrümpfe (beispielsweise mediven forte) zum Einsatz. Damit kann jeder Patient individuell versorgt werden, um den Therapieerfolg langfristig zu erhalten.

Der:die Ärzt:in stellt die Diagnose und entscheidet über die Therapie. Bei Notwendigkeit kann er Produkte zur Wundtherapie verordnen. Patient:innen werden durch geschultes Personal (beispielsweise in Sanitätshaus, Apotheke, Wundzentrum) beraten. Im Anschluss erhalten die Patient:innen die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Produkte.

Hier geht's zur unabhängigen Arztsuche der Stiftung Gesundheit.

Quellen und Hinweise:

Sauer K. et al. (2014): Barmer GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2014.
Rabe E et al. Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie*. Epidemiologische Untersuchung zur Frage der Häufigkeit und Ausprägung von chronischen Venenkrankheiten in der städtischen und ländlichen Wohnbevölkerung. Phlebologie 2003;32:1-14.
S3-Leitlinie "Diagnostik und Therapie des Ulcus cruris venosum" der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie; Stand 2008.
Rabe E et al. S2k-Leitlinie: Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK). Online veröffentlicht unter: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037-005.html (Letzter Zugriff 13.05.2019).
Dissemond J et al. Kompressionstherapie des Ulcus cruris. Hautarzt 2016;67(4):311–325.
Partsch H, Mortimer P. Compression for leg wounds. Br J Dermatol 2015;173(2):359–369.