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„Yoga tut meinem Körper und meinem Geist gut!“

Yoga bei Lip- und Lymphödem

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Yoga ist ein 3.000 Jahre altes, ganzheitliches Übungssystem aus Indien, das hilft, Körper, Geist und Seele ins Gleichgewicht zu bringen. Anfänglich war es eine Form der Meditation und ein Weg zu spiritueller Erleuchtung. Seit der New Age-Bewegung in den 1960er Jahren boomt Yoga vor allem im Westen und wird mittlerweile als Sport praktiziert. (1) Um ein Zeichen zu setzen für Gemeinschaft und Frieden, wird seit 2015 der Internationale Tag des Yoga am 21. Juni begangen. (2) Generell hilft Yoga jedem, fitter, beweglicher und entspannter zu werden. Jedoch können insbesondere Lip- und Lymphödem- Patient:innen von den sanften und fließenden Bewegungen profitieren – davon ist Kathrin Pilgrim, Yogalehrerin aus Greven und selbst Lip- und-Lymphödem-Patientin, überzeugt. Im Interview erklärt sie, welche Asanas (Yogahaltungen) für Lip- und Lymphödem-Betroffene geeignet sind und wie diese die Vitalität und Selbstakzeptanz steigern können.

Liebe Frau Pilgrim, Sie sind spezialisiert auf Yoga bei Lip- und Lymphödem – was ist der Unterschied zu klassischem Yoga?

„In meinen Kursen setze ich klassische Asanas und Atemübungen ein, die das Lymphsystem anregen, beziehungsweise variiere ich gegebenenfalls die Übungen. Zudem ist mir aus eigener Erfahrung das Thema Selbstliebe sehr wichtig – sich in Einklang zu bringen mit seinen Gedanken, Gefühlen und vor allem mit seinem Körper. Das ist zentraler Bestandteil einer jeden Yogastunde. Deshalb setze ich jede Stunde unter ein bestimmtes Thema, wähle die Asanas danach aus und starte beziehungsweise ende oft mit Affirmationen wie ,Ich bin genauso richtig wie ich bin.‘ Ich versuche Atemübungen mit wohltuenden Selbstaktivierungs- und Entspannungstechniken zu kombinieren. Mit dem Ziel, Lip- und Lymphödem-Betroffenen ein positives Lebensgefühl und mehr Wohlbefinden zu vermitteln. Für mich ist Yoga eine Philosophie, eine Lebenseinstellung und ein Weg zu mehr Gesundheit und Gelassenheit – und das möchte ich an meine Teilnehmerinnen weitergeben.“

Bieten Sie Ihre Yoga-Einheiten auch online an oder nur in Präsenz?

„Alle Kurse finden hybrid statt, sodass Interessierte sowohl zu mir ins Studio als auch bequem von zu Hause aus online teilnehmen können. Wir üben in kleinen Gruppen mit maximal zehn Teilnehmerinnen.“

Sie sprechen von „Teilnehmerinnen“ – sind meist Frauen in Ihren Kursen?

„Lip- und Lymphödem-Patientinnen fühlen sich vielen Vorurteilen ausgesetzt: Sie ernährten sich ungesund, würden zu viel essen oder zu wenig Sport treiben. Dies kann das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und im schlimmsten Fall zu Depressionen oder Essstörungen führen. Deshalb biete ich Kurse speziell für diese Frauen an – ich möchte ein Umfeld schaffen, in dem sich die Teilnehmerinnen wohl fühlen! Ich selbst leide an einem Lip- und Lymphödem und kann mich deshalb gut in Betroffene einfühlen.“

Wann ist die Erkrankung das erste Mal bei Ihnen aufgetreten?

„Zwar hatte ich schon als Teenager Schmerzen in den Beinen, meist beim Sport. Da ich sehr schlank war, dachte aber niemand an ein Lip- oder Lymphödem. Die Diagnose ,Lip- und Lymphödem‘ habe ich vor über zehn Jahren mit Mitte 20 erhalten. Und das auch nur zufällig: Ich dachte, meine Probleme kämen von meinen Krampfadern, die ich operativ entfernen ließ. Die zuständige Ärztin im Ambulanten Gefäßzentrum Münster stellte dann die Diagnose und verschrieb mir medizinische Kompressionsstrümpfe.“

Wie sind Sie damit umgegangen?

„Anfangs zog es mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weg. Ich stand mitten im Leben und hatte kurz vorher eine schwere Anorexia nervosa (Magersucht) sowie eine toxische Beziehung hinter mir. Gerade als ich anfing, meinen Körper wieder ein bisschen zu mögen, erhielt ich die Diagnose und die Empfehlung, strenge Diät zu halten. Für meine Heilung war dies nicht förderlich – ich hatte große Ängste, Sorgen und Zweifel. Anstatt meine medizinische Kompressionsversorgung regelmäßig zu tragen und zur manuellen Lymphdrainage zu gehen, ließ ich meine Therapie schleifen. Durch meine Selbstständigkeit und den damit verbundenen Herausforderungen, erhöhte sich mein Stresslevel und meine Beschwerden nahmen zu. Da habe ich gemerkt, ich muss mich um meine Erkrankung kümmern – sowie gelassener und liebevoller zu mir selbst sein.“

Wie lange haben Sie zu dieser Erkenntnis gebraucht?

„Das war vor rund vier Jahren. Ich habe eine neue Kompressionsversorgung verordnet bekommen und mich umfassend im Sanitätshaus beraten lassen. Das ist ungeheuer wichtig – mir war vorher nicht klar, dass es unterschiedliche Hersteller, Qualitäten und Zusätze gibt bei der medizinischen Kompressionsversorgung. Seitdem trage ich am liebsten eine Strumpfhose wie mediven 550 von medi – und gehe regelmäßig zur manuellen Lymphdrainage.“

Wie wichtig ist der Austausch mit anderen Betroffenen?

„Kurz nach der Diagnose dachte ich, ich wäre die einzige Betroffene, die so darunter leidet. Aber als ich mich Jahre später auf die Behandlung eingelassen hatte, fing ich an, mich in Online-Selbsthilfegruppen auszutauschen und den Kontakt zu anderen Betroffenen zu suchen. Da habe ich realisiert: Ich bin mit meinen Ängsten und Sorgen nicht allein – wir sind eine große Gemeinschaft und können uns gegenseitig unterstützen! Das hat mich zusätzlich darin bestärkt, die Erkrankung anzunehmen. Und ich habe verstanden, dass ich maßgeblichen Anteil daran habe, wie mein Lip-und Lymphödem voranschreitet. Zudem habe ich mich intensiv informiert und viel dazu gelesen.“

Ein Bestandteil der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) ist neben manueller Lymphdrainage, Hautpflege und medizinischer Kompressionsversorgung Bewegung. Sind Sie so auch zum Yoga gekommen?

„Nicht direkt! Ich habe schon vor meiner Diagnose eine Sportart gesucht, die ich belastungsabhängig steuern und zu Hause machen kann. Ich habe Yoga ausprobiert und gemerkt, welch positiven Effekt die Übungen auf mein allgemeines Wohlbefinden und insbesondere meine Beine haben.“

Wann haben Sie sich entschieden, die Ausbildung zur Yogalehrerin zu machen?

„Das war rund zwei Jahre nachdem ich angefangen hatte, regelmäßig Yoga zu praktizieren. Ursprünglich habe ich die Ausbildung nur für mich gemacht, um ohne externe Anleitung Yoga ausüben zu können – und schnell realisiert, dass ich nichts anderes mehr machen möchte. Ich habe angefangen, nebenberuflich bei einem Yogastudio zu arbeiten. Nach Abschluss der Ausbildung habe ich dann meine Stelle im Einzelhandel gekündigt und spontan ein eigenes kleines Yogastudio eröffnet.“

Haben Sie sich von Anfang an auf Yoga für Lip- und Lymphödem-Patientinnen spezialisiert?

„Nein, das war erst vor rund drei Jahren – vorher habe ich klassische Yoga-Kurse angeboten.“

Wie sind Sie dann darauf gekommen?

„Ich habe mit einer Freundin darüber gesprochen, wie gut mir Yoga als Lip- und Lymphödem-Patientin tut, und sie schlug vor, Kurse speziell für diesen Kundenkreis anzubieten. Ich fand das eine tolle Idee und habe sofort ein Konzept ausgearbeitet. Wichtig war, Asanas zu wählen, die für jedes Gewicht und jeden Umfang geeignet sind. So ist die Idee entstanden, Kurse auf der Matte und dem Stuhl anzubieten. Viele Frauen mit Lip- oder Lymphödem haben aufgrund ihrer Erkrankung beispielsweise Schwierigkeiten, sich hinzuknien, oder es fällt ihnen schwer, ihre Handgelenke zu belasten. Auch bei anderen körperlichen Einschränkungen oder Verletzungen ist das Stuhlyoga eine gute Alternative, weiterhin Yoga auszuüben. Viele klassische Haltungen lassen sich dafür modifizieren.“

Können Sie Beispiele nennen?

„Zwei möchte ich herausgreifen: Erstens die Berghaltung mit Armstreckung und Vorwärtsbeuge, die perfekt zum Aufwärmen ist und den Körper langsam aktiviert. Man setzt sich aufrecht auf einen Stuhl und lässt die Arme locker neben den Körper fallen. Die Füße stehen auf dem Boden. Mit der Einatmung streckt man die Arme über die Seiten nach oben – auch der Blick kann nach oben gehen. Mit der Ausatmung taucht der Oberkörper nach unten in die Vorbeuge. Die Hände liegen auf den Knien ab oder gleiten gen Boden – den Kopf schwer hängen lassen. Mit der Einatmung hebt man die Arme wieder über den Kopf. Diese Bewegung kann mehrmals wiederholt werden. Zweitens den Krieger II: Klassischerweise steht der Praktizierende aufrecht in der Berghaltung und setzt den linken Fuß nach hinten. Das rechte Bein wird gebeugt, sodass das Kniegelenk über dem Fußgelenk steht und der Oberkörper wird nach links aufgedreht. Die Arme sind seitwärts ausgestreckt und man schaut über den rechten Arm nach vorne. Auf dem Stuhl einfach die linke Hüfte nach hinten ziehen und den Oberkörper nach links aufdrehen, das rechte Bein wird gebeugt, das linke nach hinten gestreckt. Dabei geht der rechte Arm nach vorne, der linke nach hinten – den Blick über die rechten Fingerspitzen nach vorne.“

Richten sich Ihre Kurse an Anfängerinnen oder Fortgeschrittene?

„Es braucht keine speziellen Vorkenntnisse. Natürlich ist es von Vorteil, schon einmal Yoga praktiziert zu haben und Begriffe wie Bauchatmung zu kennen oder aber die Namen der Asanas. Das hilft, ist aber kein Muss! Der Spaß an der Bewegung steht an erster Stelle. Ich rate aber allen Lip- und Lymphödem-Betroffenen, vorab ärztlich abzuklären, welches Sport-Programm und welche Übungen für sie geeignet sind.“

Sind Ihre Kurse nur Lip- und Lymphödem-Betroffenen vorbehalten?

„In der Regel ja. Da Selbstliebe und Selbstwertgefühl einen wichtigen Teil im Kurs einnehmen, versuche ich, die Runde so homogen wie möglich zu halten.“

Sie haben vor Kurzem eine spezielle sechswöchige Weiterbildung im Bereich Lymphyoga absolviert. Welche neuen Erkenntnisse oder Impulse haben Sie mitgenommen?

„Es war eine fachlich sehr in die Tiefe gehende und umfangreiche Weiterbildung mit medizinischen Hintergründen. Wie ist unser Lymphsystem aufgebaut? Wie funktioniert es? Wie unterstützt die richtige Atmung den Lymphfluss? Welche Rolle spielt das zentrale Nervensystem? Welche Yoga-Übungen sind besonders zielführend? Was ist bei Krebspatientinnen zu beachten, die zum Beispiel ein einseitiges oder stark ausgeprägtes Lymphödem haben? Ich habe schon in der kurzen Zeit seitdem bemerkt, wie mich diese Fortbildung bereichert – und wie vor allem meine Yoga-Praktizierenden davon profitieren. Zusätzlich zu den Asanas und Atemübungen lasse ich nun auch Lymphmassagetechniken in die Stunde einfließen. Diese regen das Lymphsystem an und tragen dazu bei, den Körper zu reinigen und den Geist zu beruhigen.“

Welche weiteren Sportarten empfehlen Sie Lip- und Lymphödem-Betroffenen?

„Generell jede Form der Bewegung! Besonders Wassersportarten wie Schwimmen oder Aquacycling sind super, da Wasser wie eine natürliche Kompression wirkt. Aber auch Walken oder zügiges Spazierengehen unterstützen die Therapie! Das Allerwichtigste ist: Es muss Spaß machen! Man sollte sich zu nichts zwingen, sondern gut zu sich und seinem Körper sein – und diesen auf eine liebvolle Weise annehmen!“

Liebe Frau Pilgrim, welch schöne Schlussworte! Herzlichen Dank für das Gespräch und die interessanten Einblicke in Yoga speziell für Lip- und Lymphödem-Betroffene.

 

Zweckbestimmung mediven® 550 Bein: Flachgestrickte medizinische Kompressionsversorgung zur Kompression der unteren Extremitäten, hauptsächlich bei der Behandlung von Erkrankungen des Lymphgefäßsystems.

 

Quellen:

  1. YogaEasy. Die Geschichte des Yoga. Online veröffentlicht unter: www.yogaeasy.de/artikel/Die-Geschichte-des-Yoga 
    (Letzter Zugriff 24.05.2023)
  2. United Nations. International Day of Yoga 21 June. Online veröffentlicht unter: www.un.org/en/observances/yoga-day 
    (Letzter Zugriff: 24.05.2023)

 

medi – ich fühl mich besser. Für das Unternehmen medi leisten am Standort Bayreuth rund 1.800 Mitarbeiter (weltweit rund 3.000) einen maßgeblichen Beitrag, dass Menschen sich besser fühlen. Das Ziel ist es, Anwendern und Patienten maximale Therapieerfolge im medizinischen Bereich (medi Medical) und darüber hinaus ein einzigartiges Körpergefühl im Sport- und Fashion-Segment (CEP und ITEM m6) zu ermöglichen. Die Leistungspalette von medi Medical umfasst medizinische Kompressionsstrümpfe, adaptive Kompressionsversorgungen, Bandagen, Orthesen, Thromboseprophylaxestrümpfe, Kompressionsbekleidung, orthopädische Einlagen und digitale Gesundheitslösungen. Zudem fließt die langjährige Erfahrung im Bereich der Kompressionstechnologie auch in die Entwicklung von Sport- und Fashion-Produkten mit ein. Der Grundstein für das international erfolgreiche Unternehmen wurde 1951 in Bayreuth gelegt. Heute gilt medi als einer der führenden Hersteller von medizinischen Hilfsmitteln und liefert mit einem Netzwerk aus Distributoren sowie eigenen Niederlassungen in über 90 Länder der Welt. www.medi.de, www.item-m6.com, www.cepsports.com

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