Fokus-Thema des Medizinprodukte-Herstellers medi ist der Austausch sowie die Vernetzung von Ärzt:innen, medizinischem Fachhandel und Endverbraucher:innen. Das Ziel: Die Betreuung von Patient:innen zu optimieren und eine schnelle, nahtlose indikations- sowie leitliniengerechte Versorgung sicherzustellen. Im Zuge dessen hat medi am Standort Bayreuth mit der Stiftung Venous-Lymphatics World International Network (v-WIN) Ende August 2024 das erste Comprehending Comprehensive Compression Meeting (C. C. C. Meeting) ausgerichtet. Dabei gaben über 40 Referent:innen aus aller Welt Einblicke in den aktuellen Stand der Forschung in der Phlebologie und Lymphologie. In Präsenz teilgenommen haben 150 Expert:innen und 112 digital.
Ende August 2024 fand das erste C. C. C. Meeting im neuen Tower des Medizinprodukte-Herstellers medi in Bayreuth statt. Veranstaltet wurde es in Kooperation zwischen der Stiftung Venous-Lymphatics World International Network (v-WIN) und medi. Die zwei Veranstaltungstage boten zahlreiche Vorträge und interaktive Workshops zum Thema Phlebologie und Lymphologie – abgerundet durch diverse Frage- und Diskussionsrunden. Dabei wurden aus wissenschaftlicher und praxisorientierter Sicht die neuesten Forschungsergebnisse und relevanten Therapieansätze für Mediziner:innen und alle Fachleute im Gesundheitswesen vorgestellt. Der erste Tag des Kongresses widmete sich ausschließlich der Therapie von venösen Beschwerden, der zweite der Behandlung von lymphologischen Erkrankungen. 150 Teilnehmer:innen und Referent:innen aus aller Welt hatten Gelegenheit, sich fachlich intensiv auszutauschen, zu netzwerken und aktuelle Trends zu diskutieren. Teilnehmen konnten Interessierte in Präsenz oder digital über die Plattform Winglet.
Die wissenschaftliche Leitung der hybriden Veranstaltung hatte Prof. Dr. Sergio Gianesini inne, Präsident des UIP (International Union of Phlebology) und v-WIN foundation em Präsident, unterstützt von Els Brouwer, C. C. C. Lymphatic Program Director und Lymphology and Phlebology Consultant. Ihre Erkenntnisse und Beiträge haben die Veranstaltung maßgeblich geprägt und die interdisziplinäre Diskussion bereichert.
Kompressionstherapie geht alle an
Einleitend begrüßte Philipp Schatz, CEO bei medi, die Teilnehmer:innen und erläuterte die Zielsetzung: „Wir fühlen uns geehrt, Gastgeber einer so außergewöhnlichen wissenschaftlichen Veranstaltung zu sein. Es ist wichtig, die Vordenker:innen in der Therapie von venösen und lymphologischen Erkrankungen zusammenzubringen, um eine Diskussion in Gang zu bringen und Input darüber zu erhalten, was unser Beitrag in Zukunft sein muss für bestmögliche Therapieergebnisse. Ein besonderer Dank geht an alle, die diese Veranstaltung möglich gemacht haben!"
Zum Auftakt gab Prof. Dr. Sergio Gianesini einen Überblick über die zehn goldenen Regeln der medizinischen Kompression und appellierte an die Verantwortung aller Akteure im Gesundheitswesen: „Die Strumpfart und die Stärke des erforderlichen Andrucks, ergo die Kompressionsklasse, sollten von behandelnden Ärzt:innen abhängig von der Diagnose, den Beschwerden und der individuellen Situation der Patient:innen verordnet werden. Zudem erzielen nur passgenaue medizinische Kompressionsstrümpfe die gewünschte therapeutische Wirkung – dafür müssen Patient:innen im Fachhandel exakt vermessen werden. Gleichzeitig können auch Betroffene selbst viel für ein positiveres und erfülltes Leben tun wie regelmäßig ihre medizinische Kompression zu tragen, aktiv zu sein und zu lernen, sich und den eigenen Körper zu lieben. Dieses Zusammenspiel aller Beteiligten ist der Schlüssel zum Erfolg und führt zu einer gesteigerten Lebensqualität für Betroffene. Gemeinsames Ziel ist, die Adhärenz mit der Therapie zu unterstützen und zu stärken.“
circaid juxtalite: Das Original in der medizinischen adaptiven Kompression
In seinem Vortrag „Unlock. Down Woundcare: circaid published evidence“ referierte Prof. Dr. Makoto Mo, Chief Director Japanese Society of Phlebology über die nachgewiesenen Vorteile von medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK) wie circaid juxtalite von medi im Vergleich zur Wickelbandagierung. MAK kommen aufgrund ihrer hohen Wandstabilität und des hohen Arbeitsdrucks bei der Entstauung ausgeprägter venöser Ödeme und zur Therapie des Ulcus cruris venosum („Offenes Bein“) zum Einsatz. Für den kardiovaskulären Chirurgen aus Japan punkten medizinische adaptive Systeme vor allem durch zweierlei: Das individuelle und exakte Einstellen des korrekten therapeutischen Kompressionsdrucks und einfaches sowie selbstständiges An- und Ablegen für Patient:innen nach Einweisung durch geschultes Fachpersonal: „Mit der beiliegenden Messkarte wie beim circaid juxtalite kann der Kompressionsdruck jederzeit geprüft und nachjustiert werden – die Versorgung rutscht somit weniger. Studien haben gezeigt, dass medizinische adaptive Kompressionssysteme effektiver sind als Wickelverbände und die venöse Pumpfunktion normalisieren. (1) In Vergleichsstudien war die Heilungsrate des Ulcus signifikant schneller. (2) Zudem zeigen sich verstellbare Klettverschluss-Kompressionssysteme wie circaid juxtalite bei der Reduzierung von Venenödemen in der ersten Behandlungsphase wirksamer als unelastische Binden. (3)
Internationale Leitlinien auf dem Prüfstand
Prof. Willy Yung-Wei Chi, University of California Davis, stellte in seinem Vortrag “Guidelines and / or appropriateness in compression” die wichtigsten Punkte folgender drei klinischer Praxisleitlinien vor: Die 2022er (4) und 2023er Leitlinie der Gesellschaft für Gefäßchirurgie, des Amerikanischen Venenforums und der Amerikanischen Venen- und Lymphgesellschaft (5), die neue evidenzbasierte Empfehlungen zu kritischen Fragen der Versorgung von Patient:innen mit Krampfadern geben. Und die Leitlinie aus dem Jahr 2022 der Europäischen Gesellschaft für Gefäßchirurgie zur Behandlung chronischer Venenerkrankungen der unteren Extremitäten. (6) In seinem Vortrag betonte Prof. Chi, dass laut amerikanischer Leitlinie aus dem Jahr 2022 bei Patient:innen mit symptomatischen Krampfadern und axialem Reflux in den oberflächlichen Stammvenen die medizinische Kompressionstherapie als Primärbehandlung empfohlen wird. Voraussetzung: Wenn der ambulante Status der Betroffenen und die zugrundeliegenden medizinischen Bedingungen einen konservativen Ansatz rechtfertigen – oder wenn der Patient eine konservative Behandlung für einen Probezeitraum beziehungsweise als endgültige Behandlung bevorzugt. Zudem wies er darauf hin, dass laut 2023er Leitlinie bei asymptomatischen Patient:innen mit einer venösen Insuffizienz im Stadium C2 ein prophylaktischer operativer Eingriff das Fortschreiten der Venenerkrankung nicht verhindern kann – auf das Gewicht achten, langes Stehen vermeiden und medizinische Kompressionsstrümpfe tragen, kann hingegen hilfreich sein.
Seiner fachlichen Einschätzung nach liefert die europäische Leitlinie aus dem Jahr 2022 zur Behandlung chronischer Venenerkrankungen die besseren Empfehlungen. Im Vergleich zur Version aus dem Jahr 2015 wurde die Gesamtstruktur des Dokuments erheblich verändert, um es praktischer und benutzerfreundlicher zu gestalten. Plus: Es kamen mehrere neue Kapitel hinzu, wie die Behandlung von Patient:innen mit Ulcus cruris venosum oder mit Krampfadern, die mit zugrundeliegenden Beckenvenenerkrankungen zusammenhängen.
Die abschließende Empfehlung von Prof. Chi: „Ganz klar medizinische Kompression bei chronischen Venenkrankheiten, Ulcus cruris venosum und periprozidual, somit vor einem Eingriff zur Entstauung, währenddessen und im Nachgang zur Sicherung des Operationserfolgs.“
Kann medizinische Kompression Lymphödeme nach Brustkrebs verhindern?
Am zweiten Tag des C. C. C. Meetings stellte Physiotherapeutin Dr. Katarzyna Ochalek aus Polen ihre Studienergebnisse vor, ob ein vorbeugender Einsatz von medizinischer Kompression in Bezug auf ein brustkrebsassoziiertes Lymphödem sinnvoll ist. In ihrer Studie wollte sie zweierlei überprüfen: Erstens, wie sich die Armschwellung bei Patientinnen mit und ohne medizinische Kompression entwickelt. Und zweitens, inwieweit sich die Lebensqualität dieser Frauen zwei Jahre nach der Operation unterscheidet. Dafür hat sie 20 Patientinnen mit medizinischem Kompressionsarmstrumpf der Klasse I und 21 Patientinnen, die in der Kontrollgruppe ohne Kompression randomisiert waren, zwei Jahre lang nach ihrer Brustkrebsoperation begleitet. Nach einem und nach zwei Jahren wurde das Armvolumen gemessen und die Lebensqualität der Patientinnen anhand von Fragebögen der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) bewertet. Die Ergebnisse: In der Gruppe mit Patientinnen, die medizinische Kompression trugen, konnte das Auftreten eines postoperativen Ödems und eines Lymphödems reduziert werden. Des Weiteren hatten sich die wichtigen Lebensqualitätsparameter in der Gruppe mit medizinischer Kompression signifikant verbessert. (7)
Das Fazit von Katarzyna Ochalek: „Eine leichte medizinische Kompression in Kompressionsklasse I sollte von Patientinnen nach einer Brustkrebsoperation prophylaktisch getragen werden. Zudem ist medizinische Kompression wichtiger Teil des Selbstmanagements und erhöht das Selbstvertrauen sowie das Wohlbefinden von Betroffenen. Zusätzlich ist weitere Forschung auf dem Gebiet notwendig, insbesondere ein Vergleich von medizinischer Kompression mit anderen Präventionsstrategien, Patientenvorlieben und Kosteneffizienz.“
Wenn konservative Therapien nicht mehr ausreichen – die Chancen der Lymphchirurgie
Prof. Dr. Christian Taeger, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie aus München, sprach in seinem Vortrag “From supermicrosurgery to resection procedures – surgical concepts and technical aspects for chronic lymphoedema” über die Möglichkeiten von operativen Eingriffen beim Lymphödem: „Patient:innen mit chronischem Lymphödem müssen meist mit erheblichen Einschränkungen im Alltag und wiederkehrenden Infektionen leben. Operative Eingriffe beim Lymphödem sind nicht kontraindiziert, sondern in vielen Fällen hilfreich und können die konservative Therapie sinnvoll ergänzen. Wichtig ist jedoch die operative Therapieoption immer nach der Art und Ausmaß der Schädigung auszuwählen und in Abhängigkeit des Stadiums. Mikrochirurgische Verfahren wie lymphovenöse Anastomosen, die den Abstrom der Lymphflüssigkeit über die blockierten Lymphbahnen wiederherstellen, oder der freie vaskularisierte Lymphknotentransfer, sind vor allem in einem frühen Stadium des Lymphödems zielführend. Bereits eine funktionelle lymphovenöse Anastomose kann oft ausreichen, um die Ableitung der Lymphe zu verbessern.“
Im Vorfeld der lymphovenösen Anastomose wird als Teil der Diagnostik eine ICG-Lymphographie durchgeführt: Dabei wird den Patient:innen ein Fluoreszenzfarbstoff gespritzt und mit einer Spezialkamera die Lymphgefäße dargestellt, um so deren Verlauf und Schädigung sehen und den Eingriff planen zu können – diese haben einen Durchmesser von weniger als einem Millimeter. Dadurch kann das Ausmaß der Erkrankung im Bereich des Lymphsystems eingeschätzt werden. Nach erfolgter Planung kann anschließend die Anlage von lymphvenösen Anastomosen vorgenommen werden, bei der ein Lymphgefäß mit einer passenden Vene unter einem Hochleistungsmikroskop anastomosiert (verbunden) wird – so kann die gestaute Lymphflüssigkeit über die Vene abtransportiert werden. Der Vorteil dieses Verfahrens für Prof. Dr. Christian Taeger: „Man benötigt nur kleinste Schnitte, die Wirkung tritt oft schon am Tag der Operation ein und die Patient:innen erholen sich in der Regel schnell vom Eingriff.“
Zum Schluss seines Vortrags berichtete Prof. Dr. Christian Taeger über Spezialfälle von Lymphödemen im Genitalbereich, bei denen er mit Dr. Franz-Josef Schingale, Leiter der Lympho Opt Klinik in Pommelsbrunn und Spezialist auf dem Gebiet der Lymphologie, beeindruckende Ergebnisse erzielen konnte. Erst konservativ durch die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) und dann mit einer Operation, bei der das gesamte betroffene Gewebe entfernt und der Bereich mit gesunder Haut bedeckt wurde. Für die betroffenen männlichen Patienten bedeutet das ein Stück Lebensqualität und Eigenständigkeit zurück.
Fazit
In seiner Schlussbemerkung hob Prof. Dr. Sergio Gianesini hervor, dass der große Bereich der Kompression sowohl vom medizinischen Fachpersonal als auch von Anwender:innen vollumfänglich verstanden werden muss, um eine bestmögliche Therapie zu ermöglichen. Er ist davon überzeugt, mit medi den richtigen Partner an der Seite der Stiftung v-Win zu haben, um diese Vision in der nächsten Ausgabe des C. C. C. Meeting im Jahr 2025 weiter voranzubringen.
Das komplette Programm des C. C. C. Meetings ist abrufbar unter: https://ccc-meeting.airlst-pages.app/agenda
Eine Fortsetzung für 2025 ist geplant, Datum und Ort werden noch bekannt gegeben.
Quellen:
- Mosti G, Mattaliano V, Partsch H. Inelastic compression increases venous ejection fraction more than elastic bandages in patients with superficial venous reflux. Phlebology. 2008;23(6):287-94.
- Blecken SR, Villavicencio JL, Kao TC. Comparison of elastic versus nonelastic compression in bilateral venous ulcers: arandomized trial. J Vasc Surg. 2005 Dec;42(6):1150-5.
- Mosti G. et al. Adjustable Velco Compression Devices are more effective than inelastic bandages in reducing venous edema in the initial treatment phase: A randomized controlled trial. Eur J Vasc Endovasc Surg (2015) 50, 368-374.
- The 2022 Society for Vascular Surgery, American Venous Forum, and American Vein and Lymphatic Society clinical practice guidelines for the management of varicose veins of the lower extremities. Online veröffentlicht unter: https://www.jvsvenous.org/article/S2213-333X(22)00417-6/fulltext (Letzter Zugriff 08.10.2024).
- The 2023 Society for Vascular Surgery, American Venous Forum, and American Vein and Lymphatic Society clinical practice guidelines for the management of varicose veins of the lower extremities. Online veröffentlicht unter: https://www.jvsvenous.org/article/S2213-333X(23)00322-0/fulltext (Letzter Zugriff 08.10.2024).
- European Society for Vascular Surgery (ESVS) 2022 clinical practice guidelines on the management of chronic venous disease of the lower limbs. Online veröffentlicht unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2542451322001869?via%3Dihub (Letzter Zugriff 08.10.2024).
- Ochalek K. et al. Do Compression Sleeves Reduce the Incidence of Arm Lymphedema and Improve Quality of Life? Two-Year Results from a Prospective Randomized Trial in Breast Cancer Survivors. Lymphat Res Biol. 2019 Feb;17(1):70-77.
Zweckbestimmung circaid® juxtalite®: Die Kompressionsversorgung dient bei Patient:innen mit Venen- und Lympherkrankungen zur Kompression des Beins.
medi – ich fühl mich besser. Für das Unternehmen medi leisten am Standort Bayreuth rund 1.800 Mitarbeitende (weltweit rund 3.000) einen maßgeblichen Beitrag, dass Menschen sich besser fühlen. Das Ziel ist es, Anwender:innen und Patient:innen maximale Therapieerfolge im medizinischen Bereich (medi Medical) und darüber hinaus ein einzigartiges Körpergefühl im Sport- und Fashion-Segment (CEP und ITEM m6) zu ermöglichen. Die Leistungspalette von medi Medical umfasst medizinische Kompressionsstrümpfe, adaptive Kompressionsversorgungen, Bandagen, Orthesen, Thromboseprophylaxestrümpfe, Kompressionsbekleidung, orthopädische Einlagen und digitale Gesundheitslösungen. Zudem fließt die langjährige Erfahrung im Bereich der Kompressionstechnologie auch in die Entwicklung von Sport- und Fashion-Produkten mit ein. Der Grundstein für das international erfolgreiche Unternehmen wurde 1951 in Bayreuth gelegt. Heute liefert medi mit einem Netzwerk aus Distributoren sowie eigenen Niederlassungen in über 90 Länder der Welt. www.medi.de, www.item-m6.com, www.cepsports.com
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