Medizinisch-wissenschaftliche Informationen zu chronisch venösen Erkrankungen

Chronisch venöse Erkrankungen erfordern die Therapie mit medizinischer Kompression

Chronisch venöse Erkrankungen

Der Einsatz von medizinischer Kompression bei chronischen Venenerkrankungen ist unverzichtbar

Die aktuelle S2k-Leitlinie zur medizinischen Kompressionstherapie sowie die S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Varikose empfehlen den Einsatz von medizinischer Kompression unter anderem bei chronischen Venenerkrankungen.1,2

Zu den chronischen Venenerkrankungen zählen in den Anfangsstadien Besenreiser und Varizen. In späteren Stadien können Betroffene eine chronisch venöse Insuffizienz (CVI) entwickeln, die sich durch das Auftreten von Ödemen und Hautveränderungen bis hin zur Ausbildung eines Ulcus cruris venosum (offenes Bein) manifestiert.

Die Prävalenz von chronischen Venenerkrankungen ist hoch. Eine Erhebung aus dem Jahre 2021 von Prochaska et al. zeigt, dass etwa 90 Prozent der über 40-Jährigen in Deutschland an einer chronischen Venenerkrankung leiden. 40,8 Prozent der Betroffenen weisen bereits Anzeichen einer CVI auf.3 Diese epidemiologischen Zahlen unterstreichen die hohe Relevanz einer effektiven medizinischen Kompressionstherapie, deren Wirksamkeit in zahlreichen klinischen Studien nachgewiesen wurde.

Die CEAP-Klassifikation (Für weitere Infos, bitte anklicken)

Die CEAP-Klassifikation ist eine Einteilung für den Schweregrad der chronischen Venenerkrankung. Der klinische Befund reicht von C0 (keine Anzeichen) bis C6 (schwerste Ausprägung):

  • C = Clinical signs (klinische Zeichen)
  • E = Etiology (Ätiologie)
  • A = Anatomic location (Lokalisation)
  • P = Pathophysiology (Pathophysiologie)
Stadium Veränderungen
C 0 Keine sichtbaren Zeichen einer Venenerkrankung
C 1      Teleangiektasien  
C 2 Varikose  ohne klinische Zeichen einer chronisch-venösen Insuffizienz 
C 3 Varikose mit Ödem 
C 4 Varikose mit trophischen Hautveränderungen, unterteilt in:
C 4a Pigmentierung oder Ekzem 
C 4b Lipodermatosklerose oder Atrophie blanche 
C 5 Varikose  mit abgeheiltem Ulcus cruris venosum 
C 6 Varikose mit floridem Ulcus cruris venosum 

Nähere Informationen – unter anderem zu Leitlinienempfehlungen, Studiendesign oder Studienergebnissen – finden Sie unter den jeweiligen Reitern.

Leitlinien

S2k-Leitlinie zur medizinischen Kompressionstherapie1

Die S2k-Leitlinie "Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PVK) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK)" gibt auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse evidenzbasierte Empfehlungen zur Anwendung medizinischer Kompressionstherapie. 

Die Leitlinie bestätigt: Der Einsatz medizinischer Kompressionstherapie bei chronisch venösen Erkrankungen ist unverzichtbar. Zudem ist deren Wirksamkeit durch zahlreiche klinische Studien bestätigt.

Wichtige Aspekte und Neuerungen der S2k-Leitlinie zur medizinischen Kompressionstherapie

In der Leitlinie wird darauf hingewiesen, dass bei einem medizinischen Kompressionsstrumpf (MKS) neben der Kompressionsklasse auch das Material sowie der sich daraus ergebende Ruhe- und Arbeitsdruck entscheidend sind. Dabei soll die Therapie mit der niedrigsten wirksamen Kompressionsklasse begonnen werden.

Neben Rundstrick-Qualitäten sollen auch flachgestrickte MKS eingesetzt werden. Letztere sind vor allem bei großen Umfängen, konisch geformten Extremitäten oder tiefen Gewebefalten indiziert.

Als weitere wirksame Therapiemöglichkeit werden in der S2k-Leitlinie die medizinischen adaptiven Kompressionssysteme (MAK) genannt. Diese können im Hinblick auf die Behandlung chronisch venöser Erkrankungen neben dem phlebologischen Kompressionsverband (PKV) als Alternative zur Wickelbandagierung angewendet werden:

  • bei der Behandlung ausgeprägter venöser Ödeme oder
  • bei der Therapie des Ulcus cruris venosum.

Im Gegensatz zu einer Kompressionsbandagierung zeichnen sich MAKs (zum Beispiel circaid-juxtalite) durch eine deutlich einfachere, schnellere und weniger fehleranfällige Anwendung aus. 
Klinische Studienzur Wirksamkeit der MAK finden Sie unter dem Reiter Klinische Studien.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in der Leitlinie hervorgehoben wird, ist die Adhärenz-Förderung der Patient:innen. Diese sollen ausführlich über die medizinische Kompressionstherapie, die korrekte Anwendung der Kompressionsmaterialien und weitere damit verbundene Maßnahmen (zum Beispiel Anziehhilfen, Hautpflege) geschult werden. Außerdem sollen die Anwender:innen über mögliche Nebenwirkungen und Risiken aufgeklärt werden.

Die komplette S2k-Leitlinie zur medizinischen Kompressionstherapie können Sie unter www.awmf.org herunterladen.

Die wichtigsten Empfehlungen der aktuellen Leitlinie haben wir für Sie zudem kompakt und übersichtlich in zwei Scientific Summaries zusammengestellt. Diese thematisieren zum einen die Leitlinien-Empfehlungen zur medizinischen Kompressionstherapie im Allgemeinen und zum anderen die Empfehlungen zu MAK im Speziellen.

S2k-Leitlinie zur Varikose²

Die Diagnostik und Therapie einer subkutanen und intrafaszialen Varikosis wird in der aktuellen S2k-Leitlinie zur Varikose thematisiert. Bei der Auswahl der Varikose-Therapie sollen invasive und konservative Maßnahmen sowie patient:innenenindividuelle Faktoren berücksichtigt werden. Invasive Methoden, der Einsatz medizinischer Kompression sowie die Gabe von Medikamenten sollen bei der Behandlung einer Varikose als sich ergänzende Therapiemaßnahmen betrachtet werden. Dabei wird die medizinische Kompression als Basistherapie bei phlebologischen Erkrankungen empfohlen. Nicht zuletzt steht auch die Aufklärung der Patient:innen (Patienten-Edukation) zur Therapie im Fokus.

Die komplette S2k-Leitlinie zur Varikose können Sie unter www.awmf.org herunterladen.

Die wichtigsten Empfehlungen der aktuellen Leitlinie haben wir für Sie zudem kompakt und übersichtlich in einem Scientific Summary zusammengestellt. Dieses finden Sie unter dem Reiter „Scientific Summaries“.

Klinische Studien

Aktuelle Untersuchung zeigt die hohe Prävalenz chronischer Venenerkrankungen in Deutschland3

Eine aktuelle Studie von Prochaska et al. zeigt auf, dass in Deutschland mehr als 90 Prozent der über 40-Jährigen an einer chronischen Venenerkrankung (chronic venous disease, CVD) leiden.

In der Untersuchung wurden die Daten von 10.644 Teilnehmer:innen ausgewertet. 36,5 Prozent der Personen wiesen Besenreiser und retikuläre Venen (CEAP-Stadium C1) auf. 13,3 Prozent wurden dem CEAP-Stadium C2 zugeordnet, das sich durch das Vorhandensein einer Varikose auszeichnet. Ab dem Stadium C3 spricht man von einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI). Diese wurde bei 40,8 Prozent der Untersuchten diagnostiziert und unterteilte sich in 30,1 Prozent C3-Patient:innen mit Ödem, 10,5 Prozent C4-Patient:innen mit nicht-akuten Hautveränderungen und 0,2 Prozent mit einer CVI des Stadiums C5 bzw. C6 (abgeheilter bzw. florider Ulcus cruris).

Diese aktuellen Zahlen decken sich mit einer Untersuchung aus dem Jahre 2003, in der Rabe et al. 3.072 Personen aus Bonn und Umland (Bonner Venenstudie) auf Anzeichen einer CVD untersuchten. Auch diese deskriptive Analyse kam zu dem Ergebnis, dass knapp 90 Prozent der Studienteilnehmer:innen Venenveränderungen der Stadien C1 – C6 aufweisen.4

Der medizinische Kompressionsstrumpf – Expert:innen bestätigen die Wirksamkeit in einem Konsensus-Papier5

In einem Konsensus-Papier der europäischen Meinungsbildenen im Fachbereich Phlebologie werden die Aussagen der aktuellen S2k-Leitlinie zur Unverzichtbarkeit der medizinischen Kompressionstherapie auf Basis evidenzbasierter Medizin bestätigt.

Die Anwendung eines medizinischen Kompressionsstrumpfes (MKS) lindert die Beschwerdesymptomatik bei chronischen Venenerkrankungen und steigert somit die Lebensqualität der Patient:innen. Darüber hinaus verringern MKS die Rezidivrate venös bedingter Unterschenkelgeschwüre.
MKS sollten zudem in der Initialphase nach venenchirurgischen Eingriffen an der Vena saphena magna sowie nach Diagnose einer tiefen Beinvenenthrombose eingesetzt werden.

Im Konsensus-Dokument wurden zur Bewertung die GRADE-Empfehlungs- und Evidenzgrade verwendet. Für alle oben aufgeführten Empfehlungen bezüglich der Anwendung von MKS wurden die höchstmöglichen Empfehlungsgrade 1A und 1B ausgesprochen.

Alle Empfehlungen der Expertengruppe finden Sie in der folgenden Publikation:

Indications for medical compression stockings in venous and lymphatic disorders: An evidence-based consensus statement

Die wichtigsten Empfehlungen der europäischen Meinungsbildenden zum Einsatz medizinischer Kompressionsstrümpfe haben wir für Sie zudem kompakt und übersichtlich in einem Scientific Summary zusammengestellt. Dieses finden Sie unter dem Reiter „Scientific Summaries“.

Internationale Expertengruppe bestätigt die Sicherheit der Anwendung medizinischer Kompression6

Neben der Wirksamkeit von MKS ist auch die sichere Anwendung medizinischer Kompression ein Thema mit hoher Relevanz.
In einem 2020 veröffentlichten Konsensuspapier einer internationale Expert:innengruppe konnte auf Basis einer systematischen Literaturrecherche bestätigt werden, dass die MKT bei korrekter Anwendung und unter Berücksichtigung der Risiken und Kontraindikationen eine sichere therapeutische Maßnahme darstellt.
Neben Empfehlungen zur sicheren Handhabung medizinischer Kompression wird in der Publikation auch auf supportive Produkte hingewiesen: Pflegeprodukte, Anziehhilfen sowie zusätzliche kompressive Teile oder Messgeräte zur Bestimmung des Ankle-Brachial-Pressure-Index (ABPI) können medizinischem Fachpersonal sowie Patient:innen in der sicheren Anwendung der MKS unterstützen.

Die komplette Publikation können Sie sich unter dem folgenden Link herunterladen.

Die wichtigsten Empfehlungen der Veröffentlichung haben wir Ihnen zudem kurz und kompakt in einem Scientific Summary zusammengefasst. Dieses finden Sie unter dem Reiter "Scientific Summaries".

mediven Beobachtungsstudie: Positive Effekte von mediven Kompressionsstrümpfen auf die Beschwerden chronischer Venenpatient:innen bei gleichzeitig guter Verträglichkeit7,8

Ziel der prospektiven, nicht-interventionellen sowie nicht-invasiven mediven Beobachtungsstudie war es,

  • den Versorgungsalltag,
  • die Verträglichkeit
  • und die Compliance

im Hinblick auf die Anwendung medizinischer Kompressionsstrümpfe (MKS) bei phlebologischen Erkrankungen näher zu beleuchten.

Im Rahmen der Studie wurden 531 Patient:innen mit rundgestrickten mediven Kompressionsstrümpfen versorgt und über einen Zeitraum von 18 Monaten beobachtet. Zu den besonders häufig im Rahmen der Studie erfassten Indikationen zählten mit 84,6 Prozent Varizen sowie die chronisch venöse Insuffizienz mit 33,9 Prozent. Die häufigsten ermittelten CEAP-Stadien waren C2 (34,5 Prozent) und C3 (43,3 Prozent).

Im Rahmen der Studie zeigte sich eine sehr gute Verträglichkeit von MKS:

  • 98 Prozent der Studienteilnehmenden hatten während der Tragedauer keinerlei Beschwerden.
  • Eine korrekte Passform bestätigten 96,2 Prozent.
  • In lediglich 1,7 Prozent der Fälle traten Beschwerden beim Tragen des MKS auf.
  • Bei 42,8 – 53,2 Prozent der MKS-Anwender:innen kam es zu einer subjektiv empfundenen Symptomverbesserung.
  • In 17,7 Prozent der Fälle kam es zu einer objektiv bestätigten Symptomverbesserung über alle CEAP-Klassen hinweg.
  • 72,7 Prozent zeigten eine Stabilisierung ihrer chronischen Erkrankung.
  • Mit 65,3 – 75,6 Prozent wurde zudem eine sehr hohe Compliance-Rate erzielt.

Ebenso wurde eine gute Verträglichkeit gezeigt, die sich im Laufe der Studie noch weiter verbesserte. Trockene Haut als häufigster Befund, trat bei 21,6 – 29,6 Prozent der Studienteilnehmer auf.

Optimierungsbedarf bei der Versorgung: Patient:innenenindividuelle Faktoren berücksichtigen!

Hinsichtlich der Versorgungsrealität der Patient:innen mit MKS besteht jedoch Verbesserungsbedarf: Fast alle Studienteilnehmenden (98 Prozent) erhielten einen MKS der Kompressionsklasse (KKL) 2 – ungeachtet des Erkrankungsstadiums. Weiterhin wurden mehrheitlich leichte MKS-Qualitäten verschrieben, obwohl über 60 Prozent der Patient:innen übergewichtig oder adipös waren und eine stärkere Qualität für eine leitliniengerechte Versorgung indiziert gewesen wäre

Verordnung von Anziehhilfen

In der aktuellen S2k-Leitlinie zur medizinischen Kompressionstherapie ist auch die Adipositas per magna, altersbedingte Kraftminderung, Arthrose oder Wirbelsäulenversteifungen als Indikation für die Verordnung einer Anziehhilfe verankert. Aufgrund der Indikation wäre die Verordnung einer Anziehhilfe daher bei etwa 25 Prozent der Studienteilnehmenden notwendig gewesen, die tatsächliche Verordnungshäufigkeit lag bei 8,1 Prozent.

Weiterhin fokussiert werden sollte auch die Patienten-Edukation, um die Adhärenz der Patient:innen zu steigern. Obwohl bei 83,2 Prozent der Patient:innen bei der MKS-Abgabe eine Anprobe erfolgte und 76,6 Prozent der Proband:innen angaben, dass das Anziehen des MKS geübt wurde, besteht auch hier noch Optimierungsbedarf.

Die Aufklärung der Patient:innen hinsichtlich einer konsequenten Hautpflege sollte ebenfalls gefördert werden. Dies erfolgte im Rahmen der Beobachtungsstudie nur in 36,5 Prozent der Fälle.

Die Studienbroschüre zur mediven Beobachtungsstudie steht hier für Sie zum Download bereit.
mediven Beobachtungsstudie

Eine englischsprachige Zusammenfassung der mediven Beobachtungsstudie finden Sie im Online-Journal Veins and Lymphatic zum kostenlosen Download.

Die medizinische Kompressionstherapie steigert die Lebensqualität von Patient:innen mit chronischen Venenerkrankungen9

In einer im Jahr 2021 veröffentlichten Publikation untersuchte eine polnische Arbeitsgruppe, inwieweit die Anwendung der medizinischen Kompressionstherapie Einfluss auf die Lebensqualität von betroffenen Patient:innen mit einer chronischen Venenerkrankung hat. Die Patient:innen erhielten ein Serienkompressionsprodukt, das sie über einen Zeitraum von sechs Wochen für mindestens acht Stunden täglich tragen sollten. Zudem wurden sie über die Bedeutung einer medizinischen Kompressionstherapie aufgeklärt.

In der klinischen Studie konnte gezeigt werden, dass

  • die medizinische Kompressionstherapie die Lebensqualität der CVD-Patient:innen (C1-C6) signifikant verbessert.
  • die Patient:innenedukation zu Prinzipien und Empfehlungen der medizinischen Kompressionstherapie dabei helfen kann, den optimalen klinischen Effekt zu erzielen und die Lebensqualität zu erhöhen.
  • Die Adhärenz der Patient:innen eine Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der Lebensqualität darstellt.
  • kein behandlungsassoziiertes, unerwünschtes Ereignis (adverse event) während der Kompressionstherapie aufgetreten ist.

Die vollständige Veröffentlichung der klinischen Studie finden Sie unter dem folgenden Link:

www.ncbi.nlm.nih.gov

Zudem haben wir Ihnen die wichtigsten Informationen der Studie in einem Scientific Summary zusammengefasst. Dieses finden Sie unter dem Reiter "Scientific Summaries".

Die Kompressionsklasse 1: wirksam, sehr gut akzeptiert und budgetneutral!

Seit 2006 können medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) der Kompressionsklasse  (KKL) 1 uneingeschränkt zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen und budgetneutral verordnet werden.10 Dennoch wird nur ein Bruchteil der Patient:innen, die eine Indikation für eine Therapie mit der KKL 1 aufweisen, korrekt versorgt. In den meisten dieser Fälle wird eine KKL 2 verschrieben, was zu einer Überversorgung der Patient:innen führt.

Neben der mediven Beobachtungsstudie zeigten Gerlach et al. in einer 2015 veröffentlichten Untersuchung, dass diese Überversorgung vermutlich bis zu 91 Prozent der Patient:innen mit leichteren venösen Erkrankungen der CEAP-Stadien C0s bis C2 betrifft.11

Es wurde gezeigt, dass MKS der KKL 1 bei moderaten venösen Ödemen sowie bei venös bedingten Beschwerden zu einer Verbesserung der Symptome führen. Außerdem werden sie aufgrund ihres geringeren Ruhedrucks besser toleriert. Besonders bei übergewichtigen oder älteren Patient:innen ist die Akzeptanz einer niedrigeren KKL höher. Auch für den Einstieg in die medizinische Kompressionstherapie sind MKS mit der KKL 1 gut geeignet.

Bei Stehberufen können MKS mit einer niedrigen Kompressionsklasse zur Vermeidung von Ödem- und Schmerzentwicklung eingesetzt werden. Ebenfalls sinnvoll ist der Einsatz von MKS in der Schwangerschaft.12 Diese Empfehlungen fanden aufgrund der sehr guten nachgewiesenen Wirksamkeit bei diesen Personengruppen Eingang in die aktuelle S2k-Leitltinie zur medizinischen Kompressionstherapie.

Nähere Informationen zu den Untersuchungen sowie eine Zusammenfassung der eurocom e.V. zu den sieben wichtigsten Fakten zur KKL 1 finden Sie unter den folgenden Links:

Anziehhilfen steigern die Therapietreue in der medizinischen Kompressionstherapie13

Das konsequente Tragen der medizinischen Kompressionsstrümpfe (MKS) ist für den Therapieerfolg bei venösen Erkrankungen sehr wichtig. Aus diesem Grund sollte die Adhärenz der Patient:innen mit Anziehhilfen unterstützt werden. Eine klinische Studie hat gezeigt, dass durch die Verwendung von Anziehhilfen das korrekte Anlegen eines MKS der Kompressionsklasse 3 in 73 Prozent möglich war. Zudem konnte die Erfolgsquote beim Anlegen eines MKS mit Anziehhilfe um 20 Prozent gesteigert werden.

Weitere Details der Studie können Sie in der folgenden Studienbroschüre nachlesen:

An- / Ausziehhilfen

Die wichtigsten Fakten zu Anziehhilfen und Therapietreue haben wir Ihnen – kurz und knapp – in informativen Scientific Summaries zusammengefasst.

Medizinisch adaptive Kompressionssysteme (MAK) – innovative Kompression bei Ulcus cruris und Ödemen14

Ein Hauptbestandteil der Therapie eines Ulcus cruris bzw. der Ödemtherapie ist die Anwendung von medizinischer Kompression. Oft weist diese Patient:innenklientel zusätzliche Begleiterkrankungen wie eine leichte bis mittelschwere pAVK oder einen Diabetes mellitus mit einhergehender Polyneuropathie auf. Dies führt in der Ärzteschaft zu Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung der medizinischen Kompressionstherapie, da in der S2k-Leitlinie zur medizinischen Kompressionstherapie eine fortgeschrittene pAVK bzw. das Vorliegen einer Polyneuropathie im fortgeschrittenen Stadium als Kontraindikation bzw. Risiko für eine medizinische Kompressionstherapie ausgewiesen ist.
Aus diesem Grund wurde eine retrospektive Analyse durchgeführt, die die sichere Anwendung von medizinisch adaptiven Kompressionssystemen (MAK) bei Ulcus cruris bzw. Ödemen sowie dem zusätzlichen Vorliegen der oben genannten Komorbiditäten untersucht.

Es konnte gezeigt werden, dass

  • die Anwendung von MAK effektiv und sicher ist und das Selbstmanagement der Patient:innen unterstützt.
  • die Anwendung von MAK auch bei Patient:innen mit Ulcus cruris und Ödemen, die zusätzlich eine leichte bis mittelschwere pAVK oder einen Diabetes mellitus mit einhergehender Polyneuropathie aufweisen, möglich und sicher ist.
  • das eigenständige Anlegen und die Möglichkeit des Nachjustierens der MAK die Adhärenz und Lebensqualität der Patient:innen steigert.
  • das selbstständige Anlegen der MAK sowie die schnelle Adaptation des Kompressionssystems an verringerte Beinumfänge zu einer Kostenersparnis führen.

Die wichtigsten Informationen zur Studie haben wir Ihnen zudem in einem Scientific Summary zusammengefasst. Dieses finden Sie unter dem Reiter "Scientific Summaries".

Scientific Summaries

Scientific Summaries – Aktuelles aus der Wissenschaft zum Einsatz medizinischer Kompressionstherapie

Die Scientific Summaries geben Ihnen übersichtlich, kurz und kompakt einen Überblick zu

  • den aktuellen Ergebnissen aus klinischen Studien,
  • zu Leitlinienempfehlungen oder
  • sonstigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Laden Sie sich die Zusammenfassung hier herunter:

Patient:innenumfrage Allensbach III

Patient:innenumfrage bestätigt hohe Relevanz medizinischer Kompressionsstrümpfe bei gefäßbedingten Beschwerden15

Im Jahr 2023 hat das Institut für Demoskopie Allensbach nach zwei vorausgegangenen Befragungen im Jahr 2014 und 2019 zur Nutzung von medizinischen Hilfsmitteln (Bandagen, Orthesen, medizinische Kompressionsstrümpfe und Einlagen) eine dritte Umfrage im Auftrag von eurocom e. V. durchgeführt, die die Ergebnisse der ersten beiden Befragungen bestätigte.

Die aktuellen Umfragewerte zeigen, dass der Bedarf und die Nutzung medizinischer Hilfsmittel weiter steigen. Aktuell tragen etwa 5,8 Millionen Menschen ärztliche verordnete medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS), was ungefähr 10 Prozent der deutschen Bevölkerung ab 16 Jahren entspricht. Als Ursache wurde am häufigsten eine chronische Venenerkrankung angegeben.

Die Patient:innen berichten in der Umfrage, dass durch das Tragen der MKS ihre Lebensqualität gestiegen ist und Schmerzen sowie Schwellungen an den Beinen reduziert wurden. Zudem litten die Befragten auch seltener unter müden bzw. schweren Beinen87 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit ihrem MKS zufrieden sind. Dieser hohe Wert spiegelt sich auch in der Tragedauer von 10 Stunden pro Tag wider.

Alle Ergebnisse der Befragung können Sie unter www.eurocom-info.de herunterladen.

Quellen anzeigen

Rabe E et al. S2k-Leitlinie: Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK). Online veröffentlicht unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037-005.html (Letzter Zugriff 07.08.2019).

Pannier F et al. S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Varikose; Stand: 03/2019. Online veröffentlicht unter: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037-018.html (Letzter Zugriff 07.08.2019).

Prochaska JH et al. Chronic venous insufficiency, cardiovascular disease, and mortality: a population study. Eur Heart J. 2021;42(40):4157-4165.

Rabe et al. Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. Phlebologie 2003;32:1-14.

5 Rabe et al. Indications for medical compression stockings in venous and lymphatic disorders: An evidence-based consensus statement. Phlebology 2018;33(3):163-184.

6Rabe E et al. Risks and contraindications of medical compression treatment – A critical reappraisal. An international consensus statement. Phlebology 2020;35(7):447-460.

7Schwahn-Schreiber et al. Langzeitbeobachtung zur ambulanten Therapie phlebologischer Erkrankungen mit medizinischen Kompressionsstrümpfen in Deutschland. Die mediven®-Beobachtungsstudie. Phlebologie 2016;45:15-24.

8Schwahn-Schreiber et al. Versorgungsrealität mit medizinischen Kompressionsstrümpfen im ambulanten Bereich. Folgeanalyse der mediven®-Beobachtungsstudie. Phlebologie 2016;45:207-214.

9Berszakiewicz A et al. The effect of compression therapy on quality of life in patients with chronic venous disease: a comparative 6-month study. Postepy Dermatol Allergol 2021;38(3):389-395.

10Eurocom. Sieben Fakten zur Kompressionsklasse I. Online veröffentlicht unter: www.eurocom-info.de/wp-content/uploads/2018/07/Sieben-Fakten-zur-Kompressionsklasse-I_2018_web.pdf (Letzter Zugriff: 22.10.2019)

11Gerlach et al. Kompressionstherapie mit der Kompressionsklasse I. Vasomed 2015;27(2):79-81.

12Rabe et al. Kompression mit Kompressionsklasse I – Wirksamkeit in der Phlebologie. Vasomed 2016;28(2):58-61

13Sippel et al. Donning Devices (Foot Slips and Frames) Enable Elderly People with Severe Chronic Venous Insufficiency to put on Compression Stockings. Eur J Vasc Endovasc Surg 2015;49(2):221-229.

14Dissemond J et al. Kompressionstherapie mit medizinischen adaptiven Kompressionssystemen: Resultate einer retrospektiven Analyse von 48 Patienten mit chronischem Ulcus und Ödemen. WUNDmanagement 2020;14(4):177-181.

15eurocom e. V. Medizinische Hilfsmittel – Wirkungsvolle und etablierte Therapie für mehr Lebensqualität im Alltag. Repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag von eurocom e. V. Umfrageergebnisse 2023. Online veröffentlicht unter: www.eurocom-info.de/studien/patientenumfrage-ifd-allensbach/ (Letzter Zugriff: 04.12.2023)