Abstract
Januel JM et al. Symptomatic in-hospital deep vein thrombosis and pulmonary embolism following hip and knee arthroplasty among patients receiving recommended prophylaxis: a systematic review. JAMA. 2012 Jan 18;307(3):294-303
Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin oder oralen Faktor Xa- bzw. IIa-Hemmern bieten keinen garantierten Schutz vor Thromboembolien, so das Ergebnis eines systematischen Reviews. Ausgewertet wurden 47 Studien mit 44.844 Patienten nach totalem oder partiellem Knie- (TPKE) oder Hüftgelenkersatz (TPHE).
„Unter den gegenwärtig empfohlenen Regimen zur Thromboseprophylaxe erleidet etwa einer von 100 Patienten nach TPKE und einer von 200 Patienten nach TPHE noch vor der Entlassung aus dem KH eine symptomatische venöse Thromboembolie.“, so die Autoren.
Unter Berücksichtigung einer Nachbeobachtungszeit von 3 Monaten nach KH-Entlassung erhöhen sich die Zahlen deutlich:
TPHE
- 2,5 – 3,4 % venöse Thromboembolie (VTE)
- 1,1 % Lungenembolie (LE)
- 0,22 % tödliche LE
TPKE
- 1,8 – 2,4 % VTE
- 0,8 % LE
- 0,15 % tödliche LE
Fazit
Die medikamentöse Thromboseprophylaxe mit niedermolekularen Heparinen oder den modernen oralen Präparaten gibt keinen garantierten Schutz vor Thromboembolie. Eine umfassende Prophylaxe benötigt immer auch die in den Leitlinien definierten physikalischen Maßnahmen und sollte nach der Entlassung noch ca. 3 Monate fortgesetzt werden.
Praxisbeispiel
Im Jahr 2010 wurden in einem Krankenhaus 268 Patientenfälle mit TPHE sowie 142 Patientenfälle mit TPKE codiert. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Reviews bedeutet das:
TPHE: 2,7 Patienten erlitten noch vor der KH-Entlassung eine Thrombose (VTE), 7 Patienten in den ersten drei Monaten nach der Entlassung und 3 eine Lungenembolie (LE). Für die TPKE errechnen sich entsprechend folgende Zahlen:
- 1 Patient mit VTE vor Entlassung
- 3 Patienten mit VTE bis zu 3 Monate nach Entlassung
- 1 Patient LE bis zu 3 Monate nach Entlassung
Aktueller Wissensstand: Physikalische Thromboembolieprophylaxe
Inhalt unseres Videos zum medi Satellitensymposium: Die medizinische Thromboseprophylaxe besteht aus physikalischen und medikamentösen Maßnahmen. Für die physikalische Behandlung ist in Deutschland die Anwendung von medizinischen Thromboseprophylaxestrümpfen (MTPS) etabliert. Kürzlich erschienene Publikationen stellten den Nutzen einer physikalischen Prophylaxe generell infrage.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht keine belastbare Evidenz für einen Verzicht auf MTPS bei chirurgischen Patienten. Dies gilt auch bei Verabreichung der neu eingeführten oralen Anti-Xa- und Anti-IIa-Inhibitoren.